Antidepressiva und der Darm‑/Hirn‑Zusammenhang – Ein integrativer Blick auf Behandlungskonzepte
Acht bis zehn Prozent der Deutschen nehmen Antidepressiva. Die meisten PatientInnen könnten diese nach etwa einem Jahr wieder absetzen. Doch mehr als jede dritte Person nimmt Antidepressiva Studien zufolge länger ein als notwendig.
Die konventionelle pharmakologische Behandlung psychischer Störungen basiert seit Jahrzehnten auf dem Ansatz, die Balance der Neurotransmitter im Gehirn – insbesondere Serotonin, Noradrenalin und Dopamin – zu regulieren. Medikamente wie selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRIs), Serotonin‑Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRIs), trizyklische Antidepressiva (TCAs) sowie atypische Substanzen zielen darauf ab, den aktuellen Neurotransmitterspiegel so zu modulieren, dass Symptome wie Depression, Angst, Panikattacken und weitere psychische Beschwerden gelindert werden.
Allerdings zeigen zahlreiche kritische Stimmen und aktuelle Forschungsergebnisse, dass dieser symptomorientierte Ansatz oft das grundlegende Problem – beispielsweise einen Serotoninmangel – unkommentiert lässt. Die pharmakologische Behandlung greift überwiegend in das Endstadium der Störung ein, ohne die tieferliegenden Ursachen, wie ein gestörtes Darmmikrobiom oder eine beeinträchtigte Darmbarriere („Leaky Gut“), zu berücksichtigen. Dabei ist zu beachten, dass etwa 90 % des körpereigenen Serotonins im Darm produziert werden. Eine Störung der intestinalen Funktionen kann demnach direkte Auswirkungen auf die Neurotransmitter-Synthese und -Regulation im Gehirn haben.
1. Das herkömmliche Konzept der Antidepressiva
Die medikamentöse Therapie psychischer Erkrankungen folgt vorwiegend einem klassischen Prinzip:
Zielsetzung: Modulation des Neurotransmitterhaushalts
Wirkstoffe:
SSRIs (z. B. Fluoxetin, Sertralin, Paroxetin, Citalopram, Escitalopram)
SNRIs (z. B. Venlafaxin, Duloxetin)
Trizyklische Antidepressiva (z. B. Amitriptylin, Nortriptylin)
Atypische Antidepressiva (z. B. Mirtazapin, Vortioxetin)
Diese Medikamente sollen durch Hemmung der Wiederaufnahme von Neurotransmittern deren Konzentration im synaptischen Spalt erhöhen. Die Folge ist häufig eine Besserung der Symptome, wie verbesserte Stimmung, verringerte Angst und stabilisierter Schlaf. Doch während sich viele Patienten durch diese Therapieform Linderung verschaffen, bleibt oft unklar, weshalb es überhaupt zu einer Neurotransmitter-Dysbalance – beispielsweise einem Serotoninmangel – kommt.
2. Übersichtstabelle: Häufige Antidepressiva in Europa
Nachfolgend finden Sie eine tabellarische Übersicht über einige der in Europa häufig eingesetzten Antidepressiva, deren Wirkmechanismen, typische Indikationen sowie häufig berichtete Nebenwirkungen:
Übersichtstabelle: Häufige Antidepressiva in Europa
Die konventionelle pharmakologische Behandlung psychischer Störungen basiert auf dem Ansatz, die Balance der Neurotransmitter im Gehirn – insbesondere Serotonin, Noradrenalin und Dopamin – zu regulieren. Medikamente wie selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRIs), Serotonin‑Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRIs), trizyklische Antidepressiva (TCAs) und atypische Substanzen zielen darauf ab, den aktuellen Neurotransmitterspiegel so zu modulieren, dass Symptome wie Depression, Angst, Panikattacken und weitere psychische Beschwerden gelindert werden.
Kritik und offene Fragen: Obwohl dieser symptomorientierte Ansatz vielen Patienten Linderung verschafft, wird häufig übersehen, warum es überhaupt zu einer Dysbalance – beispielsweise einem Serotoninmangel – kommt. Die pharmakologische Behandlung greift in erster Linie in das Endstadium der Störung ein, ohne die tieferliegenden Ursachen anzugehen. Dabei mehren sich Hinweise darauf, dass das Darmmikrobiom und die Ernährung eine zentrale Rolle spielen. Etwa 90 % des körpereigenen Serotonins werden im Darm produziert, und ein gestörtes Mikrobiom oder eine beeinträchtigte Darmbarriere („Leaky Gut“) können zu veränderten Neurotransmitter-Synthesen und –Regulationen führen.
Antidepressivum | Pharmakoklasse | Wirkmechanismus | Typische Indikationen | Häufige Nebenwirkungen |
---|---|---|---|---|
Fluoxetin | SSRI | Hemmt selektive Wiederaufnahme von Serotonin | Depression, Zwangsstörungen, Bulimie | Übelkeit, Schlafstörungen, sexuelle Dysfunktion |
Sertralin | SSRI | Hemmt selektive Wiederaufnahme von Serotonin | Depression, Angststörungen, PTBS | Magen-Darm-Beschwerden, Schlaflosigkeit, sexuelle Dysfunktion |
Paroxetin | SSRI | Hemmt selektive Wiederaufnahme von Serotonin | Depression, Angststörungen, Panikstörungen | Gewichtszunahme, Schläfrigkeit, sexuelle Dysfunktion |
Citalopram | SSRI | Hemmt selektive Wiederaufnahme von Serotonin | Depression, Angststörungen | Übelkeit, trockener Mund, Schläfrigkeit |
Escitalopram | SSRI | Hemmt selektive Wiederaufnahme von Serotonin | Depression, Angststörungen | Übelkeit, Schwindel, sexuelle Dysfunktion |
Venlafaxin | SNRI | Hemmt Wiederaufnahme von Serotonin und Noradrenalin | Depression, generalisierte Angststörung | Übelkeit, erhöhter Blutdruck, Kopfschmerzen |
Duloxetin | SNRI | Hemmt Wiederaufnahme von Serotonin und Noradrenalin | Depression, neuropathische Schmerzen, Angststörungen | Mundtrockenheit, Übelkeit, Schläfrigkeit |
Amitriptylin | TCA | Hemmt Wiederaufnahme von Serotonin und Noradrenalin; anticholinerge und sedierende Effekte | Depression, neuropathische Schmerzen, Schlafstörungen | Mundtrockenheit, Gewichtszunahme, Sedierung, Herzrhythmusstörungen |
Nortriptylin | TCA | Ähnlich wie Amitriptylin, oft milderes Nebenwirkungsprofil | Depression | Mundtrockenheit, Schläfrigkeit, Gewichtszunahme |
Mirtazapin | Atypisch | Blockiert 5-HT₂- und 5-HT₃-Rezeptoren; fördert indirekt die Freisetzung von Serotonin und Noradrenalin | Depression, Angststörungen | Gewichtszunahme, gesteigerter Appetit, Sedierung |
Vortioxetin | Multimodal | Hemmt die Serotonin-Wiederaufnahme und moduliert Serotoninrezeptoren | Depression | Übelkeit, Schwindel, Kopfschmerzen |
Grafik: Darm‑/Hirn‑Zusammenhang
Die folgende Grafik veranschaulicht den Einfluss des Darms auf das zentrale Nervensystem (CNS) und den Zusammenhang zwischen Darmgesundheit und Neurotransmitterproduktion:
Während die klassischen Antidepressiva weiterhin eine wichtige Rolle in der Behandlung psychischer Störungen spielen, sollte die Forschung und klinische Praxis den Darm‑/Hirn‑Zusammenhang nicht außer Acht lassen.
3. Kritik am symptomorientierten Ansatz und offene Fragen
Obwohl die medikamentöse Therapie bei vielen Patienten zu einer signifikanten Linderung der Symptome führt, wird oft übersehen, warum es überhaupt zu einer Dysbalance der Neurotransmitter kommt. Wichtige Punkte, die in diesem Zusammenhang diskutiert werden, sind:
Ursachen der Dysbalance:
Warum entsteht beispielsweise ein Serotoninmangel? Die rein symptomatische Behandlung greift in das Endstadium der Erkrankung ein, ohne die tieferliegenden Ursachen zu bekämpfen.Rolle des Darmmikrobioms und der Ernährung:
Etwa 90 % des körpereigenen Serotonins wird im Darm produziert. Ein gestörtes Mikrobiom oder eine beeinträchtigte Darmbarriere – häufig als „Leaky Gut“ bezeichnet – können zu einer veränderten Synthese und Regulation von Neurotransmittern führen. Eine gestörte intestinale Gesundheit kann somit eine wichtige (und bisher zu wenig beachtete) Ursache für psychische Beschwerden darstellen.
4. Der Darm‑/Hirn‑Zusammenhang – Ein oft vernachlässigter Aspekt
Die zentrale Rolle des Darms:
Der Darm hat im Körper zahlreiche Aufgaben. Neben der kontrollierten und hochselektiven Aufnahme von Nährstoffen ist er ein essenzieller Bestandteil des Immunsystems. Die Darmschleimhaut (Mucosa) und die dort ansässige Mikroflora schützen den Körper vor pathogenen Keimen und verhindern über sogenannte „tight junctions“ das unkontrollierte Eindringen von unerwünschten Stoffen.
Leaky Gut – Was bedeutet das?
„Leaky Gut“ bezeichnet einen Zustand erhöhter intestinaler Permeabilität, bei dem die Integrität der Darmbarriere gestört ist. Folgende Aspekte sind hierbei zentral:
Mikrobiota: Eine intakte und vielfältige Darmflora konkurriert mit pathogenen Mikroorganismen und schützt so vor Infektionen.
Schleimproduktion und sIgA: Der Mucosaschleim sorgt nicht nur für eine reibungslose Passage des Nahrungsbreis, sondern bildet auch zusammen mit sekretorischem Immunglobulin A (sIgA) eine erste Abwehrlinie gegen eindringende Antigene.
Epithelzellschicht: Eine intakte Schicht und funktionierende tight junctions verhindern, dass unerwünschte Stoffe in den Blutkreislauf gelangen. Ist diese Barriere kompromittiert, kann es zu einer systemischen Entzündungsreaktion kommen.
Konsequenzen eines Leaky Gut:
Ein durchlässiger Darm führt dazu, dass vermehrt Antigene, Toxine oder unvollständig verdaute Nahrungsbestandteile in den Körper gelangen. Dies kann zu chronischen Entzündungsprozessen führen, welche den TRP-Stoffwechsel beeinflussen. Die entzündungsinduzierte Aktivierung von Enzymen wie IDO (Indolamin-2,3-Dioxygenase) leitet Tryptophan verstärkt in den Kynurenin-Weg um – auf Kosten der Serotonin- und Melatoninsynthese. Ein resultierender Mangel an Serotonin und Melatonin kann die Entstehung und Persistenz von Depressionen und Angststörungen begünstigen.
Warum der Darm‑/Hirn‑Zusammenhang wichtig ist:
Neurotransmitterproduktion: Der überwiegende Teil des Serotonins wird im Darm produziert. Ein gesunder Darm ist somit auch ein wichtiger Faktor für eine stabile Stimmungslage und ein ausgeglichenes Nervensystem.
Immunmodulation: Eine intakte Darmbarriere verhindert, dass entzündliche Prozesse systemisch werden und dadurch auch das zentrale Nervensystem beeinträchtigen.
Ganzheitliche Therapie: Wird der Grundursache – einer gestörten Darmbarriere und einem unausgeglichenen Mikrobiom – nicht Rechnung getragen, bleibt die pharmakologische Behandlung symptomatisch und greift nicht in das zugrunde liegende Problem ein.
Der Darm‑/Hirn‑Zusammenhang und seine therapeutische Bedeutung
Die enge Verbindung zwischen Darm und Gehirn wird über die sogenannte Darm‑/Hirn-Achse vermittelt. Dabei beeinflusst der Zustand der Darmschleimhaut und der intestinalen Mikroflora nicht nur die lokale Immunabwehr, sondern auch:
Die Produktion und Regulation von Neurotransmittern:
Rund 95 % des körpereigenen Serotonins wird im Darm gebildet. Ein gesunder Darm unterstützt damit nicht nur die Verdauung, sondern auch die neuronale Signalübertragung und die Stimmung.Die immunologische Balance:
Ein intaktes Immunsystem im Darm schützt vor übermäßigen Entzündungsreaktionen. Wird die Barrierefunktion (z. B. durch Leaky Gut) kompromittiert, können unerwünschte Stoffe in den Kreislauf gelangen und systemische Entzündungen fördern. Diese chronischen Entzündungszustände können die Funktion des Gehirns negativ beeinflussen und sind mit psychischen Erkrankungen assoziiert.IDO-Aktivität und TRP-Metabolismus:
Eine gesteigerte IDO-Aktivität infolge von Darmentzündungen führt zu einem verstärkten TRP-Abbau über den Kynurenin-Pfad und damit zu einem Mangel an Serotonin und Melatonin. Dieser Mangel kann wiederum zu depressiven Symptomen, Schlafstörungen und erhöhter Stressanfälligkeit beitragen.
Therapeutische Implikationen:
Neben der symptomatischen Behandlung mittels Antidepressiva wäre es sinnvoll, den Fokus auch auf die Regeneration der Darmschleimhaut und die Wiederherstellung einer gesunden intestinalen Mikroflora zu legen. Dazu zählen:
Ernährungsumstellungen (z. B. antiinflammatorische Ernährung)
Gabe von Probiotika und Präbiotika
Maßnahmen zur Reduktion von Stress
Gezielte antientzündliche Therapien, um die Aktivität von Enzymen wie IDO zu normalisieren
Ein integrativer Therapieansatz, der sowohl das zentrale Nervensystem als auch den Darm berücksichtigt, könnte langfristig zu einem nachhaltigeren Behandlungserfolg bei Depressionen und anderen psychischen Erkrankungen führen.
5. „Leaky Gut“ – Was ist das und welche Funktionen erfüllt der Darm?
Begriffsklärung:
„Likigat“ war eine fehlerhafte Schreibweise – der korrekte Begriff lautet „Leaky Gut“. Darunter versteht man einen Zustand erhöhter intestinaler Permeabilität, bei dem die normalerweise hochselektive Barrierefunktion des Darms gestört ist.
Funktionen des Darms:
Der Darm übernimmt im Körper zahlreiche essenzielle Aufgaben:
Kontrollierte und hochselektive Stoffaufnahme:
Der Darm sorgt dafür, dass Nährstoffe effektiv und gezielt in den Blutkreislauf aufgenommen werden. Diese Funktion sichert die Energie- und Nährstoffversorgung des Körpers.Infektionsabwehr und Immunfunktion:
Die Darmschleimhaut (Mucosa) steht in ständigem Kontakt mit der Umwelt und potenziellen Krankheitserregern. Um den Körper vor Infektionen zu schützen, ist der Darm ein wichtiger Bestandteil des Immunsystems. Hierfür sind mehrere Faktoren entscheidend:Intakte intestinale Mikroflora:
Eine gesunde Besiedlung mit „guten“ Bakterien verhindert über den Mechanismus der Kolonisationsresistenz, dass sich pathogene Keime ansiedeln und vermehren.Ausreichende Bildung von Mucosaschleim:
Der Schleim schützt die Darmschleimhaut, unterstützt die Bewegung der Nahrung und trägt zur richtigen Konsistenz des Nahrungsbreis bei.Sekretorisches Immunglobulin A (sIgA):
sIgA wird zusammen mit dem Mucosaschleim in den Darminhalt abgegeben und bindet Antigene (Bakterien, Viren, Makromoleküle). Dadurch werden diese in der Darmlumen zurückgehalten und nicht an die Schleimhaut abgegeben, was eine übermäßige antigenbedingte Immunaktivierung verhindert.Intakte intestinale Epithelzellschicht:
Diese Zellschicht und ihre „tight junctions“ (eng verbundene Zellkontakte) sichern die Barrierefunktion. Ist diese Schicht intakt, gelangen nur gezielt ausgewählte Stoffe in den Körper.
Leaky Gut – Entstehung und Folgen:
Wenn die Integrität der Darmschleimhaut gestört ist, kommt es zu einer erhöhten intestinalen Permeabilität. Dies kann verschiedene Ursachen haben, etwa:
Entzündliche Darmerkrankungen (z. B. Morbus Crohn, Colitis ulcerosa)
Nahrungsmittelunverträglichkeiten (z. B. Zöliakie, Laktose- oder Fructoseintoleranz)
Exokrine Pankreasinsuffizienz
Psychischer und physischer Stress (durch erhöhte Stresshormone wie CRH und Noradrenalin)
Infektionen, Fehlbesiedelungen (z. B. Parasiten, pathogene Bakterien, Hefen)
Alkohol, Medikamente (z. B. NSAR) oder Schwermetalle
Oxidativer Stress durch radikale Belastung
Folgen eines Leaky Gut:
Wird die Barrierefunktion des Darms beeinträchtigt, können vermehrt ungewollte Stoffe (Antigene, Toxine, teilweise unverdautes Nahrungsmaterial) in den Blutkreislauf gelangen. Dies hat folgende Konsequenzen:
Aktivierung des Immunsystems:
Das Eindringen fremder Substanzen führt zu einer Immunreaktion, die in der Darmschleimhaut (und langfristig systemisch) Entzündungen auslöst.Entwicklung von Nahrungsmittelallergien und -unverträglichkeiten:
Durch die erhöhte Antigenbelastung können Lebensmittel, die normalerweise unproblematisch sind, zu pseudoallergischen Reaktionen führen.Autoimmunreaktionen:
Langfristig kann ein „Leaky Gut“ zur Bildung von Autoantikörpern führen, wodurch der Körper körpereigene Strukturen angreift. Es bestehen Zusammenhänge mit Erkrankungen wie Diabetes Typ 1, Multipler Sklerose und rheumatoider Arthritis.
6. Zusammenhang zwischen Leaky Gut, Entzündungen und TRP‑Metabolismus (IDO‑Aktivität, Serotonin-/Melatonin-Mangel)
Tryptophan (TRP) – Ein essenzieller Baustein:
Die Aminosäure Tryptophan ist vor allem bekannt als Vorläufer von Serotonin und Melatonin. Allerdings fließt der überwiegende Teil des aufgenommenen TRP nicht in diese Synthesewege, sondern wird über alternative metabolische Pfade abgebaut.
Der TRP-Abbauweg über Kynurenin:
Enzyme und Aktivierung:
Die Umwandlung von TRP zu Kynurenin wird durch die Enzyme IDO (Indolamin-2,3-Dioxygenase) und TDO (Tryptophan-2,3-Dioxygenase) katalysiert.
Diese Enzyme werden vor allem durch inflammatorische Zytokine wie IFN-α, IFN-ß, IFN-γ, TNF-α, IL-6 und PAF aktiviert.Auswirkungen von Entzündungen:
Bei einer entzündlichen Aktivierung (z. B. infolge eines Leaky Gut) wird mehr TRP in den Kynurenin-Pfad umgeleitet. Dadurch sinkt die Verfügbarkeit von TRP für die Synthese von Serotonin und Melatonin.Konsequenzen:
Ein reduzierter Serotonin- und Melatoninspiegel kann sich negativ auf Stimmung, Schlaf, Angstregulation und kognitive Funktionen auswirken – alles Faktoren, die häufig mit depressiven und angstbezogenen Erkrankungen in Verbindung stehen.
Weiterer Verlauf der Kynurenin-Metabolismen:
Neurotoxische und neuroprotektive Metaboliten:
Im weiteren Verlauf wird Kynurenin in verschiedene Metaboliten umgewandelt.In peripheren Geweben und Mikrogliazellen des Gehirns wird Kynurenin zu Quinolinsäure verstoffwechselt, einem NMDA-Rezeptor-Agonisten, der neurotoxisch, oxidativ und entzündungsfördernd wirkt.
In Astrozyten hingegen kann Kynurenin zur Kynureninsäure umgewandelt werden, welche als NMDA-Rezeptor-Antagonist neuroprotektive, antioxidative und schmerzlindernde Eigenschaften besitzt.
Bedeutung für NAD und zelluläre Energie:
Ein Teil des TRP wird auch für die Synthese von NAD (Nicotinamid-Adenin-Dinukleotid) genutzt, einem essentiellen Cofaktor in Redoxreaktionen und der zellulären Energieproduktion.
Eine verstärkte Umwandlung in neurotoxische Metaboliten (wie Quinolinsäure) kann die NAD-Synthese hemmen, was zu Energiemangel und weiterer Zellfunktionsstörung führen kann.
Fazit zu TRP-Mangel und Antidepressiva:
Das herkömmliche Antidepressiva-Konzept greift überwiegend in das Endstadium der Neurotransmitter-Dysbalance ein, indem es versucht, den Serotoninspiegel zu modulieren. Dabei wird aber häufig übersehen, dass ein chronischer Leaky Gut – bedingt durch entzündliche Prozesse, veränderte Darmflora und gestörte Barriereschutzmechanismen – über die Aktivierung von IDO und den vermehrten Abbau von TRP zu Kynurenin maßgeblich zur Entstehung eines Serotonin- und Melatonin-Mangels beitragen kann.
Daher bleibt die zugrunde liegende Entzündung und die dysfunktionale Darmbarriere oft unbehandelt. Eine alleinige pharmakologische Modulation der Neurotransmitter bietet möglicherweise nur eine symptomatische Linderung, während die chronische systemische Entzündung und damit einhergehende metabolische Veränderungen weiterbestehen.
7. Zusammenfassung und Ausblick
Die klassische medikamentöse Therapie bei Depressionen und anderen psychischen Störungen setzt vor allem auf die Modulation des Neurotransmitterhaushalts. Trotz der oft kurzfristigen Linderung der Symptome wird in diesem Konzept häufig übersehen, warum es überhaupt zu einer Dysbalance, wie etwa einem Serotoninmangel, kommt.
Zunehmende Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass:
Der Darm eine zentrale Rolle bei der Produktion von Neurotransmittern spielt.
Ein gestörtes Darmmikrobiom oder ein „Leaky Gut“ die Synthese und Regulation von Serotonin erheblich beeinträchtigen können.
Eine Entzündung im Darm, ausgelöst durch verschiedene Faktoren (Ernährung, Stress, Infektionen, etc.), die Aktivität von Enzymen wie IDO erhöht und so den Abbau von Tryptophan in den Kynurenin-Pfad fördert – zum Nachteil der Serotonin- und Melatoninsynthese.
Ein zukunftsweisender Therapieansatz könnte daher neben der medikamentösen Behandlung der Neurotransmitter-Dysbalance auch Maßnahmen umfassen, die den Darm unterstützen, seine Barrierefunktion wiederherstellen und das Mikrobiom positiv beeinflussen. Solche integrativen Konzepte versprechen langfristig nicht nur eine symptomatische Linderung, sondern eine nachhaltige Wiederherstellung des körperlichen und seelischen Gleichgewichts.
Während die klassischen Antidepressiva weiterhin eine wichtige Rolle in der Behandlung psychischer Störungen spielen, sollte die Forschung und klinische Praxis den Darm‑/Hirn‑Zusammenhang nicht außer Acht lassen. Ein integrativer Therapieansatz, der sowohl pharmakologische als auch ernährungs- und mikrobiombezogene Interventionen kombiniert, könnte in Zukunft zu einem besseren und nachhaltigeren Behandlungserfolg führen – ein Ansatz, der über den symptomorientierten Blick hinausgeht und die Ursachenforschung in den Mittelpunkt stellt.
Während die klassischen Antidepressiva weiterhin eine wichtige Rolle in der Behandlung psychischer Störungen spielen, sollte die Forschung und klinische Praxis den Darm‑/Hirn‑Zusammenhang nicht außer Acht lassen. Ein integrativer Therapieansatz, der sowohl pharmakologische als auch ernährungs- und mikrobiombezogene Interventionen kombiniert, könnte in Zukunft zu einem besseren und nachhaltigeren Behandlungserfolg führen – ein Ansatz, der über den symptomorientierten Blick hinausgeht und die Ursachenforschung in den Mittelpunkt stellt.
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